Clara aus unserem Juso Vorstand war am Montag bei #wirsindmehr dabei! Sie hat einen kleinen Erfahrungsbericht für uns geschrieben. Viel Spaß bei der Lektüre:
Ich war am Montag in Chemnitz und habe mit vielen anderen Menschen gegen Nazis in Chemnitz demonstriert, wobei Chemnitz für mich hier symbolisch für ganz Deutschland steht.
Die Situation in Chemnitz kann momentan gelinde gesagt als besorgniserregend bezeichnet werden. Der Tod eines Menschen wird von Faschist*innen auf eine perfide Art und Weise instrumentalisiert, um menschenverachtende Hetze zu verbreiten. Dies hatte Ausschreitungen zur Folge, die stark an die Pogrome von Rostock-Lichtenhagen erinnern. Das schlimmste dabei, der Rechtsstaat und der Großteil der Gesellschaft scheint dabei nur tatenlos zuzusehen. Dennoch kamen viele verschiedene Menschen aus ganz Deutschland zusammen, um zu zeigen, dass es keinen Platz für Rassismus und rechte Hetze gibt. Wahrscheinlich haben die Künstler*innen einen nicht unerheblichen Teil dazu beigetragen, in dem sie kostenlose Konzerte gaben. Trotzdem haben es die Veranstalter*innen mit der Unterstützung der Künstler*innen geschafft die unterschiedlichsten Menschen mit diesem einen Ziel zu vereinen.
Der #wirsindmehr wurde im Vorhinein durchaus kritisiert – Es reiche nicht aus, zu sagen, dass es ein „mehr“ gebe, wenn nicht klar ist wofür dieses „mehr“ stehe. Das Wort „Mehrheit“ will ich hier bewusst nicht verwenden, da die Mehrheit der deutschen Gesellschaft immer noch schweigend zuschaut, wie Faschist*innen mit allen Mitteln gegen unsere vielfältige Gesellschaft und unsere Demokratie kämpft. Deshalb finde ich es umso wichtiger, dass sich etwa 65.000 Menschen in Chemnitz versammelten, um ein klares Zeichen gegen Nazis zu setzten und viel wichtiger noch: Wir sind nicht alleine, wir sind mehr als es oftmals antifaschistischen Demos erscheint. Allein mit so einer unfassbaren Masse an Menschen auf einem Platz zu stehen, die sich unter dem Motto „Aufstehen gegen rechte Hetze – Solidarität statt Rassismus“ versammeln, ist ein gutes Gefühl.
Doch stehe ich einigen Dingen durchaus bei der Demo #wirsindmehr gegenüber. Die Rednerinnen von Chemnitz Nazifrei haben es in ihren einleitenden Worten sehr schön zusammengefasst.
„[…] Wir müssen uns fragen warum wir heute hier sind. Wollen wir nur die Bands hören? Dabei etwas zusammenstehen und uns über die Konzerte freuen und danach alle wieder wohlgesonnen nach Hause gehen? Besteht daraus unser Gegenprotest? Ist es das was mir den Ereignissen der letzten Tage entgegenbringen wollen?“
Ich möchte weder die ohrenbetäubende Stille, während der Schweigeminute für Daniel H., noch die großartigen Redebeiträge, die Konzerte oder auch die Außenwirkung der Kundgebung klein reden.
Aber mir fällt es beispielsweiseschwer, das Verhalten einer Gruppe, die während der Konzerte neben mir stand, nachzuvollziehen. Wie kann man den Rednerinnen applaudieren, wenn sie dazu Aufrufen sich gegen Rassismus, Sexismus und Homophobie zu positionieren, „Nazis raus“ zu skandieren und wenige Minuten später sexistische Kommentare über Josi Miller, die DJane von Trettmann, abzulassen. Zudem war mir an manchen Stellen während der Konzerte nicht klar, ob einige Menschen nicht einfach nach Chemnitz kamen, um kostenlos ein paar coole Konzerte der Künstler*innen zu sehen und Party zu machen und sich dann wieder zur schweigenden Mehrheit zu gesellen.
Dabei darf es nicht bleiben. Es reicht nicht von sich behaupten zu können, in Chemnitz dabei gewesen zu sein, als 65.000 Menschen gegen rechte Hetze aufgestanden sind, wenn davon am nächsten Tag nichts übrigbleibt. Wenn beim nächsten Naziaufmarsch, bei der nächsten menschenverachtenden Aussage der AfD oder bei der nächsten Aktion der Identitären Bewegung sich wieder nur die üblichen Verdächtigen entgegenstellen und die Mehrheit wieder tatenlos wegschaut.
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